Expertentipp: Fördermittel u. -möglichkeiten für Existenzgründende u. Start-ups
Thomas Römer ist seit 2015 Mitglied und Berater bei den Senioren der Wirtschaft und ist einer unserer Know-how-Träger, wenn es um Fördermittel und -möglichkeiten für Existenzgründerinnen und Existenzgründer, Start-ups und bestehende Unternehmen geht. Beruflich war er 40 Jahre im Unternehmensgeschäft einer großen Regionalbank tätig und hat dort in unterschiedlichen Funktionen Erfahrungen in allen Facetten des gewerblichen Kreditgeschäftes gesammelt.
Herr Römer, wie ist es denn um die öffentlichen Fördermöglichkeiten und -landschaft für Existenzgründende und Start-ups in Baden-Württemberg bestellt?
Die öffentliche Förderung von Gründenden, Start-ups und KMU ist ein sehr breites Feld.
Für nahezu jede Unternehmensgründung und -erweiterung kann man öffentliche Finanzierungshilfen in Anspruch nehmen. Man muss nur das passende Programm finden.
Europaweit gibt es angeblich über 1.500 unterschiedliche Förderprogramme. Eine echte Überraschung, wenn man sich bewusst macht, dass in der EU grundsätzlich alle staatlichen Beihilfen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen verboten sind und daher einzeln im Rahmen eines „Notifizierungsverfahrens“ genehmigt werden müssen.
Nicht genehmigungspflichtig sind nur „de minimis-Beihilfen“ von max. T€ 200 innerhalb 3 Jahren².
Das Programm „Startfinanzierung 80“ der L-Bank ist stückzahlmäßig der unangefochtene „Kassenschlager“ für die Finanzierung von Gründungen in Baden-Württemberg.
Welche Arten von öffentlichen Förderungen gibt es für Existenzgründende und Start-ups in Baden-Württemberg?
Die öffentliche Förderung von Unternehmen verfolgt naturgemäß immer auch politische Ziele. Die Gründung von Unternehmen ist eine eigene, jedoch sehr allgemeine Kategorie bei den Fördermitteln. Hinzukommen können noch ergänzende Merkmale, wie z. B. Hightech, Digitalisierung, universitärer Hintergrund, dann eröffnen sich andere bzw. zusätzliche Möglichkeiten.
Generell können zwei Arten der Förderung unterschieden werden.
- Zum einen Zuschüsse – das sind Fördermittel, die nicht zurückbezahlt werden müssen (verlorene Zuschüsse),
- und zum anderen Darlehen, die verzinst und zurückbezahlt werden müssen. Die Förderung erfolgt hier über die Risikoübernahme und/oder günstige Zinssätze.
Können auch bereits existierende Unternehmen Fördermittel in Anspruch nehmen?
Auf jeden Fall! Für die Erweiterung, Modernisierung, Umstrukturierung, Verlagerung etc. können bestehende Unternehmen ebenfalls öffentliche Finanzierungshilfen in Anspruch nehmen.
Wie sieht der „Weg“ aus, um Fördermittel generell zu beantragen? Kann das der Interessent direkt tun oder braucht er hierfür einen „offiziellen“ Partner?
Es gibt keinen einheitlichen Weg! Das macht es auch so unübersichtlich, Fördermittel zu beantragen.
Für öffentlich geförderte Darlehen gilt nahezu ausschließlich das Hausbankprinzip. Das heißt, dass die Anträge über die Hausbank gestellt werden müssen. Diese müssen im Regelfall auch einen Teil des Kreditrisikos übernehmen. Förderkreditinstitute sind regional in Baden-Württemberg die L-Bank in Karlsruhe und auf nationaler Ebene die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt (KfW). Zum Teil werden von beiden Instituten vergleichbare Förderinstrumente angeboten.
Wann ist der geeignete Zeitpunkt, um sich mit Fördermöglichkeiten zu beschäftigen?
Basis für eine Unternehmensgründung sollte immer ein Business- und Finanzplan sein. Aus dem Finanzplan ergibt sich der Finanzierungsbedarf. Ist dieser definiert, stellt sich die Frage, wie er gedeckt werden kann und hier können dann z.B. öffentliche Fördermittel ins Spiel kommen.
Gibt es nur den einen Zeitpunkt oder -raum, um Fördermöglichkeiten in Anspruch zu beantragen?
Auch hier gibt es programmspezifische Regelungen. Generell gilt, dass der Antrag für das jeweilige zu fördernde „Projekt“ gestellt werden muss, bevor finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden. So ist z. B. die Gründung einer Gesellschaft nicht förderungsschädlich, wohl aber der Abschluss eines Mietvertrages für Geschäftsräume oder auch die Bestellung / der Erwerb von Maschinen und Werkzeugen.
Gibt es auch bei der Übernahme eines bIst die Zusage von Fördermitteln auch an die finanzielle Ausgangssituation der UnternehmerInnen geknüpft?
Wie sagt der Jurist üblicherweise: „Es kommt darauf an!“ Im Bereich der verlorenen Zuschüsse tendenziell eher nein, bei den rückzahlbaren Kredite eher ja.
Wie ist Ihre persönliche Erfahrung, was kann man als Antragstellender im Vorfeld tun, um die Chancen für eine Zusage zu erhöhen?
Die Einstiegshürden bei den einzelnen Programmen sind unterschiedlich hoch. Manchmal muss nur ein Formular ausgefüllt werden, dann gibt es Programme, bei denen Dokumentationen erforderlich sind, die ganze Aktenordner füllen.
Wichtig sind aussagefähige und plausible Business- und Finanzpläne. Diese sollten die Existenzgründenden in erster Linie für sich selbst erstellen. Dadurch bekommen sie das Gefühl, mein/unser Businessplan ist wirtschaftlich tragfähig und meine/ unsere Finanzen sind gut gemanagt. Damit können dann in aller Regel auch Dritte überzeugt werden.
Können Existenzgründende und Unternehmen ggf. auch mehrmals Fördermittel beantragen bzw. können ggf. auch unterschiedliche Fördermittel kombiniert werden?
Fördermittel sind in aller Regel kombinierbar. Wichtig ist, dass die „de minimis-Beihilfe“-Obergrenze von T€ 200 in drei Jahren (siehe oben) nicht überschritten wird.
Was empfehlen Sie Existenzgründenden, Start-ups und UnternehmerInnen, die klären möchten, ob sie für ihre unternehmerischen Vorhaben Fördermöglichkeiten in Anspruch nehmen können?
Nachfolgende Internetportale geben eine erste Orientierung
- www.gruendung-bw.de (Rubrik: Förderprogramme und Finanzierung)
- www.ermoeglicher.de
- www.foerderdatenbank.de
Im Anschluss empfiehlt es sich, eine individuelle Beratung, z.B. bei der Hausbank oder den Wirtschaftssenioren in Anspruch zu nehmen.
² Jeder Förderung wird ein individueller Subventionswert beigemessen. Die Summe der Förderungen darf in einem Zeitraum von 3 Jahren T€ 200 nicht überschreiten. Gegebenenfalls muss abgewartet werden, bis eine geförderte Maßnahme aus dem Betrachtungszeitraum herausfällt.